- Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit und Logistik – CO2-Bullshitbingo: Ein Aufklärungsversuch
Blogpost 2 von 4: Die globale Erwärmung und die CO2-Badewanne.

In a nutshell: Im ersten Teil dieser 4-teiligen Blogpostserie bin ich auf den Treibhauseffekt und den Anteil der menschlichen Aktivitäten an dem Effekt eingegangen. Nun geht es im zweiten Teil weiter mit den Grundlagen. Dieses Mal mit dem Klimawandel, also der globalen Erwärmung, und der sogenannten CO2-Badewanne. Ich gebe zu, dass ist eigentlich kalter Kaffee als Thema und sollte 2025 doch nicht mehr angezweifelt werden. Aber mir scheint, dass wir uns in den letzten Jahren von dem wissenschaftlichen Konsens abgewendet haben. „Aber die Chinesen…“ oder „Deutschland ist nur für 2% der weltweiten Emissionen verantwortlich. Und wir sollen die Welt retten?“. Wer kennt diese Argumente nicht? Ich habe es im ersten Teil schon erwähnt und möchte es hier wiederholen: Es ist kein Diskurs mehr möglich, wenn wir mehr über die Existenz von Fakten diskutieren als über deren Bedeutung. Menschen hatten schon immer unterschiedliche Ansichten. Heute haben sie unterschiedliche Tatsachen. Aber ohne eine von allen geteilte Realität lassen sich keine zielführenden kollektiven Entscheidungen treffen. Pakt also die Quitscheente ein, es geht u.a. in die Badewanne.
Info: Aufgrund der Komplexität des Themas habe ich mich dazu entschlossen, den Blogpost in vier Teile aufzuteilen:
- 1. Post: Treibhausgase und den Treibhaus-Effekt
- 2. Post: Klimawandel, globale Erwärmung und die CO2-Badewanne
- 3. Post: CO2-Bullshit-Bingo Teil 1 (Ebene: Individuum)
- 4. Post: CO2-Bullshit-Bingo Teil 2 (Ebene: Unternehmen und Nation)
Dieser Text ist ein wenig komisch für mich. Es geht hier um Klimawissenschaft. Insofern basieren alle Fakten und die meisten Beschreibungen auf den Quellen. Ich habe zwar hier und da natürlich etwas hinzugefügt oder textuell geändert, aber im Grunde habe ich nur die Textpassagen zusammengepuzzelt. Wenn du den Text also hammermäßig findest: Kudos an die Quellen.
Die globale Erwärmung
Mehr Treibhausgase in der Atmosphäre führen also durch den Treibhauseffekt letztlich zu höheren Temperaturen (absolut und im Durchschnitt), welches wiederum anomale Ereignisse provoziert, die intensiver und häufiger werden. Rekordtemperaturen, Hitzeperioden, Starkregen, Extremwettereignisse wie Hurricanes, Tornados, etc.. Wir haben schlichtweg mehr Energie im Gesamtsystem. Und die Rohdaten besagen, dass diese beiden Faktoren direkt mit dem Klimawandel zusammenhängen.
Am 22. Juli 2024 erreichte die tägliche globale Durchschnittstemperatur mit 17,15°C einen neuen Rekordwert. Dies übertrifft die bisherigen Rekorde von 17,09°C, die nur einen Tag zuvor am 21. Juli 2024 aufgestellt wurden, und 17,08°C, die ein Jahr zuvor am 6. Juli 2023 aufgestellt wurden. Juni 2024 war der 13. Monat in Folge rekordverdächtiger globaler Temperaturen. Neben dem Rekord an sich ist das deswegen so bemerkenswert, weil wir uns im Jahr 2024 in keiner El-Niño-Warmphase befunden haben. [4]

Ein weiteres Zeichen für den globalen Erwärmungstrend ist die Tatsache, dass die 10 Jahre mit den höchsten täglichen Durchschnittstemperaturen die letzten 10 Jahre sind, von 2015 bis 2024. Die orangene Kurve in dem oberen Graphen ist die des Jahres 2024.
Das letzte Jahrzehnt war das wärmste seit 125.000 Jahren. Damals wurden die wärmeren Temperaturen durch langsame mehrjährige Schwankungen der Erdumlaufbahn (Milankovitch-Zyklen) verursacht. Wir erwärmen uns mit einer Geschwindigkeit wie seit mindestens 2.000 Jahren nicht mehr. Es ist auch klar, dass die Erwärmungsrate in den letzten Jahrzehnten viel schneller war als die durchschnittliche Rate seit Beginn des 20. Jahrhunderts. [2]
Der Anstieg der durchschnittlichen globalen Oberflächentemperatur um etwa 1,5°C seit der vorindustriellen Ära mag numerisch klein erscheinen, bedeutet aber einen erheblichen Anstieg der gespeicherten Wärme. Diese zusätzliche Hitze führt zu regionalen und saisonalen Temperaturextremen, verringert die Schneedecke und das Meereis, verstärkt starke Regenfälle und verändert die Lebensräume von Pflanzen und Tieren – einige werden größer, andere kleiner. Die Wetterereignisse werden extremer und häufiger!
Übrigens: Die durch menschliche Treibhausgasemissionen verursachte globale Erwärmung wird teilweise durch Feinstaubverschmutzung (sonnenlichtreflektierende atmosphärische Partikel wie Schwefeldioxid aus Autos und Fabriken) verdeckt. Diese haben einen erheblichen Kühleffekt auf den Planeten, etwa 0,4°C. [3]
Die CO2-Badewanne oder die Frage: Wie viel dürfen wir denn noch emittieren?
Das bringt uns zu der Frage, wie viel CO2 die Menschheit noch in die Atmosphäre blasen darf. Die Grenze(n), die wir dafür wählen müssen, wurde vom Weltklimarat bestimmt. Das sind die unterschiedlichen Szenarien und die Weltgemeinschaft hat sich das 1.5°C respektive 2°C-Ziel committet.
Stellen wir uns nun eine Badewanne vor:

Der Wasserstand war vor ~1750, zum Startpunkt der Industriellen Revolution, immer ungefähr im Gleichgewicht. Durch die Industrielle Revolution und damit einhergehend den erhöhten Treibhausgasausstoß, strömte ab diesem Zeitpunkt mehr Wasser in die Badewanne als abfließen kann. Der Pegel in der Badewanne stieg also an. [3]
Vereinfacht verursacht die jährliche CO2-Produktion in Zahlen ausgedrückt (aus dem Jahr 2021): [5]
792,4 Gigatonnen Kohlenstoff durch die Natur
- 507,6 Gigatonnen aus Land & Vegetation
- 284,8 Gigatonnen aus den Ozeanen
- 40,4 Gigatonnen Kohlenstoff durch menschliche Aktivitäten
- 34,5 Gigatonnen aus der Verbrennung fossiler Energieträger & Zementproduktion
- 5,9 Gigatonnen durch Veränderung der Landnutzung (z.B. Waldrohdung)
- 832,8 Gigatonnen Kohlenstoff
40,4 von 832,8 Gigatonnen CO2 macht ca. 5%. So hoch ist dann auch am jährlichen CO2-Umsatz der menschliche Anteil. Das erscheint klein im Vergleich zu diesen riesigen Mengen, die im Laufe eines Jahres im globalen Kohlenstoffkreislauf umgesetzt werden. Das Problem unserer Emissionen ist allerdings nicht die Menge an sich, sondern dass diese Emissionen auf ein System mit einem fragilen Gleichgewicht treffen und das System nachhaltig stören. [5]
Entscheidend ist, wieviel CO2 jährlich wieder aus der Atmosphäre aufgenommen wird. Tatsächlich werden durch die Natur an Land jährlich 814 Gigatonnen CO2 wiederaufgenommen. [5] Das ergibt also eine Differenz, sozusagen ein Saldo, von 18,8 Gigatonnen pro Jahr (basierend auf den Daten von 2021), welche jährlich in die Atmosphäre hinzukommen.

Zusätzlich müssen wir verstehen, dass das Wasser (also das CO2) nicht gleichmäßig über die letzten 275 Jahre in die Badewanne strömte, sondern immer in größeren Mengen aufgrund der exponentiell verlaufenden CO2-Emissionskurve. Der Pegel stieg also zusätzlich immer schneller. Und tut es noch.
Und noch etwas kann man aus der Rechnung erkennen. Die Natur nimmt sogar mehr CO2 auf als sie produziert. Sie trägt also nicht zum Anstieg des CO2-Anteils bei. Durch unser Zutun, dem Verbrennen von fossilen Kohlenstoffen, die wir aus den Tiefen der Erde fördern, reichern wir also seit 275 Jahren mehr CO2 in der Atmosphäre an. Seit Beginn der Industrialisierung beträgt dieser Zuwachs (mittlerweile mehr) 44%. [5]
Das kann natürlich nicht ewig so weitergehen. Man kann auch nicht jeden Tag 100 Euro ausgeben, aber nur 75 Euro am Tag verdienen. Jedes System hat Grenzen. Auch unser Erdsystem.
Kommen wir zurück zur Badewanne. Jede Badewanne hat einen Rand. Wir wollen auf keinen Fall, dass das Wasser über den Rand schwappt. Wir kennen den aktuellen Füllstand in der Wanne und können abschätzen, wie viel Wasser noch in der Badewanne dazu kommen dürfte. Diesen verbleibenden Betrag nennen wir CO2-Budget.
Und dieses Budget ist gekoppelt an das 1.5°C-Ziel, welches wir zu erreichen versucht haben. Ja, ich spreche in der Vergangenheitsform, denn wir haben im Grunde genommen dieses Ziel bereits heute (2025) verkackt1. [7] Insofern müssen wir uns nun das 2°C-Ziel anschauen. Was wir buchstäblich damit machen in der Badewannen-Metapher, um im Bild zu bleiben: Wir erhöhen die Ränder der Badewanne.
Aber zurück zum Budget. Laut dem IPCC-Bericht von 2021 können, gerechnet ab Anfang 2020, noch 400 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden, um das 1,5°-Ziel nicht zu verfehlen. Auf der Website des MCC kann man sich ein Countdown hierzu angucken, wo wir aktuell stehen: [6]
- Status (22.01.2025) 1,5°-Ziel: 189 Gigatonnen verbleibend
- Status (22.01.2025) 2°-Ziel: 939 Gigatonnen verbleibend
Aber Vorsicht! Bei all den Berechnungen bleiben noch einige Unsicherheiten bestehen, die sich positiv wie negativ auf den Countdown auswirken können. Das CO2-Budget soll eigentlich vielmehr den Klimawandel veranschaulichen und die Dringlichkeit politischen Handelns zeigen.
Übrigens: Im realen Leben würden wir zuerst den Wasserhahn zudrehen, bevor wir den Boden aufwischen.
Nun können wir uns verschiedene Überlegungen vorstellen: Nehmen wir an, der Wasserhahn bleibt bis zum Jahresende gleich weit geöffnet und dann beschließt plötzlich die ganze Welt, die Wassermenge jedes Jahr gleichmäßig zu reduzieren. Das würde uns Zeit verschaffen: Wir könnten dann jedes Jahr kontrolliert weniger Wasser einlassen, bis die Wanne im Jahr 2034 voll ist und der Wasserspiegel nicht weiter ansteigt. Das ist unser Ziel.
Wir könnten diese Überlegungen noch weiter ausdehnen und auf die einzelnen Länder herunterbrechen. Weil die europäischen Länder vergleichsweise viel Wasser in das Becken fließen lassen und dies auch in der Vergangenheit getan haben, müssen sie ihre Wasserhähne viel schneller zudrehen.
Fazit
Global ansteigende Temperaturen sorgen für Wetterextreme, die in ihrer Heftigkeit und Häufigkeit ansteigen werden. Es ist wichtig zu verstehen, dass wir schnellstmöglich das exponentielle Wachstum bei den Treibhausgas-Emissionen verlangsamen, aufhalten, stoppen müssen.
Zudem ist es nicht nur wichtig diesen Trend zu stoppen, wir müssen ihn auch umkehren. Wir müssen die Gase durch die natürlichen Kohlenstoffkreisläufe aus der Atmosphäre ziehen. Neben der Atmosphäre sind der Ozean und die Landbiosphäre (Wälder und Böden) die wichtigsten Kohlenstoffspeicher. Diese Kohlenstoffspeicher stehen mit der Atmosphäre in einem aktiven Austausch. Die Landvegetation enthält etwa drei Mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre, der Ozean etwa 50-mal so viel. Überall dort, wo Leben ist, ist auch ein Kohlenstoffspeicher. Die biologische Vielfalt zu dezimieren (z.B. durch Waldrodung) ist also doppelt schlimm und beweist den Zusammenhang zwischen den Planetaren Grenzen.
Und zu guter Letzt ist es wichtig zu akzeptieren, dass der absolute Großteil dieser Emissionen durch menschliche Tätigkeiten, insbesondere bei der Gewinnung, Verarbeitung und Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle, Erdgas und Erdöl) freigesetzt wird.
Es ist so simpel und schwierig zu gleich, wenn es um das exponentielle Wachstum der Treibhausgase in der Atmosphäre geht:
Wir müssen also aufhören Sachen zu verbrennen.
Wir müssen aufhören die Welt zu verbrennen.
Und wenn es um die Kohlenstoffspeicher der Welt geht, um die Treibhausgase aus der Atmosphäre zu ziehen:
Wir müssen die biologische Vielfalt schützen und ausbauen.
In den nächsten beiden Teilen wird es um die im Infotext bereits erwähnten Argumentationen gehen.
Hast du einen Fehler entdeckt? Dann schreibe mir gerne! Ich bin jederzeit dazu bereit einen Fehler zu korrigieren und darauf hinzuweisen, dass ich etwas korrigiert habe. Ich bin kein ausgebildeter Journalist. Meine Recherchen können nicht so professionell sein wie bei einem Artikel. Neben dem Schreiben eines Blogposts, arbeite ich 40 Stunden regulär bei meinem Arbeitgeber. Ich bitte dies zu berücksichtigen.
Aber bloß nicht den Kopf in den Sand stecken. Denn das sollte uns eigentlich anspornen, uns noch mehr anzustrengen, und nicht weniger.
Quellen
- [1] Climate Reanalyzer (2024)
- [2] climate.gov (2024)
- [3] eciu.net (2023)
- [4] wmo.int (2024)
- [5] klimafakten.de (2022)
- [6] MCC (2025)
- [7] Quarks (2025)
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