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Nachhaltigkeit und Logistik – Recap LogiMAT 2025

Timo Landener

Qua vadis Nachhaltigkeit in der Intralogistik? Ein Bericht für eine Akademie.

Blogpost 04 Logi MAT 2025 Recap Graphic 1

In a nutshell: 3 Tage LogiMAT sind Geschichte. 3 Tage laufen, quatschen, essen, trinken, noch mehr quatschen, lachen, tanzen. Investigativ habe ich mich mal auf die Spuren gemacht und geguckt, wie viel Präsenz das Thema Nachhaltigkeit auf Europas wichtigster intralogistischer Messe erfährt. Und zudem habe ich in bester Trüffelschwein-Manier die leuchtenden Sterne der Nachhaltigkeit zu erschnüffeln versucht. Und um es vorwegzunehmen: Es war ernüchternd, erhellend, inspirierend, frustrierend, irritierend und überraschend. Alles gleichzeitig. Eine Achterbahnfahrt. Aber der Reihe nach…

Info: Ich habe einen Hauptberuf, dem ich natürlich auch auf der LogiMAT prioritär nachgekommen bin. Die oben beschriebene Aufgabenstellung habe ich quasi als „Hobby“ nebenbei erfüllt. Geholfen haben mir dabei all die großartigen und lieben Menschen, die mir neben ihren Tipps auch ihre Meinungen und Observationen mitgeteilt haben. Vielen Dank an dieser Stelle dafür. Ohne diese Gespräche hätte ich es nicht mal ansatzweise geschafft, in der mir zur Verfügung stehenden Zeit einen halbwegs haltbaren und mit gutem Gewissen teilbaren Eindruck zu gewinnen. Was ich zusätzlich damit sagen will: An all diejenigen, die ich nicht getroffen habe, die sich vor allem gegen meinen Eindruck wehren wollen: Dickes Sorry. Schreibt mir gerne!

Los geht’s!

Der Frust

Ich kann es nicht anders sagen: Der erste Eindruck war erschütternd. Auf der ganzen Messe war das Thema Nachhaltigkeit im Grunde nicht existent. Umwelt-Claims, grüne Messestände und Buzzword-Bingo in den Key-Notes und Panel-Diskussionen im Atrium und den Foren? Forget it. Gut, zugeben: Im Atrium war ich nicht wirklich sehr häufig. Aber das Programm habe ich mir durchgelesen (was auch ein Grund dafür war, weswegen meine Motivation auf niedriger Flamme kochte). Nachhaltigkeit = Pusteblume. Das war mal. Und dass, obwohl die LogiMAT Nachhaltigkeit als zentrales Thema ausgerufen hat:

Quelle: LogiMAT [1]

Ich möchte und kann an dieser Stelle zwei Dinge nicht unerwähnt lassen. Einerseits hat Institutsleiterin Alice Kirchheim vom Fraunhofer ILM in Dortmund dem Thema Nachhaltigkeit in der Panel-Elefantenrunde „LogiMAT-Gipfeltreffen 2025“ durchaus Raum gegeben, stilsicher abseits der üblichen Floskeln eingeordnet und die Wichtigkeit unterstrichen. Und andererseits hat der größte Stand auf der Messe, nämlich der von Jungheinrich, jede volle Stunde (oder halbe Stunde; ich habe das nicht analysiert) per initiiertem Gongschlag auf den Videowürfeln und Leinwänden „Sustainability“ auf grünem Hintergrund angeschlagen. Wie viel dahinter steckt, kann ich nicht sagen. 

Quelle: Archivbild Stand Jungheinrich auf der LogiMAT2024 [2]

Aber gut, da kann die LogiMAT selbst ja nichts dafür, dass die Aussteller das Wording „Nachhaltigkeit“ (oder Sustainability) aus deren Messestand-Vokabular weitestgehend gestrichen haben. Die Messe ist interessanterweise in vielerlei Hinsicht ein Spiegelbild der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Situation. Nachhaltigkeit ist zum Kampfbegriff verkommen. Ein ehemals positivistisches Bild hat sich zum Feindbild umgekehrt. Das ist natürlich überspitzt beschrieben, denn die Welt ist nie so schwarz-weiß, wie ich sie hier provozierend darzustellen versuche. Nichtsdestotrotz lässt sich daraus ableiten, dass die Intralogistik dem Trend folgt, und der Nachhaltigkeit weniger Präsenz gibt. Welche tiefergehenden Gründe dahinterstecken, darüber darf gerne spekuliert werden. 

In meinen vielen Gesprächen hat sich bestätigt, wie sehr das Zugpferd „Nachhaltigkeit“ an Kraft verloren hat. Vor 3, ja sogar vor 2 Jahren noch, sah das anders aus. Sowohl gesellschaftlich, politisch, ökonomisch und dadurch eben auch auf der LogiMAT. Ich will es mal so beschreiben: Die Farbe „grün“ war viel häufiger vor 2 und 3 Jahren auf der Messe zu entdecken als im Jahr 2025.

Aber ist das nun gut oder doch eher schlecht?

Das ist eine spannende Frage. Der Antwort gehe ich derart nach, indem ich zunächst retrospektiv auf mich selbst schaue. Denn es ist schon frappierend wie sehr mich das anfänglich getroffen hat. Ich war regelrecht „sauer“ über diese Bestandsaufnahme. Ich kämpfe doch tagtäglich irgendwie dafür, dass das Thema präsenter wird. In unterschiedlichster Ausprägung, auf unterschiedlichsten Leveln, in unterschiedlichen Communities: Aufklärung und Inspiration in unserem Podcast [3], dieser Blogpost, diverse Keynotes, in Interviews, aber auch im täglichen unternehmerischen Doing und allgemeinen Role Modelling. So gut es eben geht. Mit Bedacht. Zumindest versuche ich das. Oder rede es mir ein. Sucht euch was aus.

Der Zyniker in mir hat sich dann aber auch noch zu Wort gemeldet: „Du Spinner wolltest doch immer weniger Blabla und mehr Doing. Was regst du dich denn jetzt auf, wenn die Greenwashing-Ära ihre Peak-Season überschritten hat? Du hast doch selbst prognostiziert, dass diese Ära bald vorbei sein wird. [4]/[5] Komm also mal wieder runter! Oder geht es dir gar nicht um das Thema als solches, sondern nur um dich!“ (das ist ein paraphrasierter Dialog aus einem Gespräch mit mir selbst; kommt schon, sowas macht ihr doch auch, oder? ODER???). Da hat Zyniker-Timo einen Punkt. Oh Gott, wie ich dem Typ manchmal eine reinhauen könnte.

Es ist also Zeit weiter vorzudringen in die Realität…

Hinter der Fassade

Natürlich ist das nicht schlimm, wenn (viel) weniger Firmen ihre grünen Claims raushauen. Marketing zur Nachhaltigkeit ist erstmal genau nur das: nämlich nur Marketing. Der Inhalt ist entscheidend. In der Vergangenheit, eben auch in der jüngeren Vergangenheit in der Intralogistik, wurde viel kommuniziert zum Thema Nachhaltigkeit. Vieles davon hatte einen Greenwashing / Greenwishing Charakter, wobei ich betonen möchte, dass a.) der Großteil eher dem Zweiteren, sprich dem Greenwishing, zuzuordnen ist, und b.), dass das überhaupt nicht nur exklusiv für die Branche der Intralogistik gilt.

Seit Jahrzehnten arbeiten viele, wenn nicht sogar der Großteil der Branche, an effizienteren Lösungen. Auf der einen Seite mehr Throughput und Produktivität, und auf der anderen Seite weniger Energiebedarf und Ressourcenschonung. Das macht die Intralogistik – wie gesagt – nicht erst seit gestern. Der Haupttreiber dessen in dieser sehr margen-getriebenen, und chronisch klammen Industrie war immer eben genau dieser: Kosten senken. Attraktiver werden. Wettbewerbsfähig bleiben. Absolut normales unternehmerisches Handeln.

Als das Thema Nachhaltigkeit dann im letzten Wahlkampf u.a. bedingt durch die Ahrtal-Katastrophe und dem Aktivismus rund um „Fridays for Future“ eine abermalige Renaissance1 erfuhr, konnte man in der Intralogistik die wundersame Symbiose aus diesem ureigenen Interesse und der Nachhaltigkeit beobachten. Weil erkannt wurde, dass Maßnahmen zur Kostenreduktion quasi frei Haus nachhaltigere Lösungen implizieren. Nicht immer, aber oft. Da mutierte dann wie von mirakulöser Zauberhand die Ur-Motivation der Kostensenkung zur Nachhaltigkeitsmission

Das ist insofern verrückt, weil Nachhaltigkeitsmanager und solche, die sich dem Thema ernsthaft aus Unternehmenssicht widmen, nicht müde werden Überzeugungsarbeit zu leisten, dass die Nachhaltigkeit auch und oft ökonomisch-sinnvolle und -vorteilhafte Möglichkeitsräume bietet. Natürlich gibt es auch die Regulatorik samt ihrer Bürokratie, und auch teurere Lösungen im Sinne der Nachhaltigkeit, aber eben auch Business-Opportunitäten. 

Was ich damit sagen will, ist: Die Intralogistik hat nicht aufgehört an effizienteren, ergo nachhaltigeren Lösungen und Angeboten zu arbeiten. Aus meinen Gesprächen geht klar hervor, dass bspw. die Energieeffizienzen in der Automatisierung, die erneuerbaren Energiemöglichkeiten samt Speichersystemen, die Verpackungsalternativen und Mehrwegsysteme als solches, weiterhin bestimmende Themen sind. Auch auf der LogiMAT. Nur eben jetzt (wieder) ausschließlich mit dem Narrativ der Effizienzsteigerung und Kostensenkung, und nicht mehr mit grün-bemalten Die-Welt-ist-uns-wichtig-Slogans.

Alles gut also? Nee, leider nicht. Eigentlich hat sich nichts geändert. Der Zustand ist immer noch sehr verbesserungswürdig, er ist aber auch nicht schlimmer geworden. Es gibt sie zwar, die Retrotopien – und das ist auch irgendwie nicht verwunderlich in dieser patriarchischen Branche –, aber die 3 Tage haben mich dann doch nicht so pessimistisch hinterlassen, wie ich am ersten Tag noch dachte. 

Festzuhalten bleibt: Es muss immer noch viel mehr „Widerstand“ geleistet werden gegenüber weniger nachhaltigen Praktiken, Prozessen, Angeboten und Produkten innerhalb der Intralogistik. Und das wiederum bringt mich zu Asterix…

Das gallische Dorf

Wir befinden uns im Jahre 2025 n.Chr. Ganz LogiMAT hat Nachhaltigkeit aus dem Vokabular gestrichen... Ganz LogiMAT? Nein! Eine von unbeugsamen Logistikern bevölkerte Halle hört nicht auf, dem Trend Widerstand zu leisten. Ich rede von Halle 4: Die Verpackungshalle!

Quelle: eigenes Foto

An jeder Ecke, an jedem Stand prangerte mindestens der Hinweis auf Nachhaltigkeit. Viel Greenwashing also? Mitnichten, wenngleich davon auszugehen ist, dass es auch in dieser Halle den ein oder anderen Greenwasher gibt. 

Was unterscheidet die „Verpacker“ von den Automatisierern, von den Software-Tools, von den Stapler-Anbietern und von den Scan-Kompetenzen? Genau weiß ich es nicht, aber ich vermute es ist der Impact. 

Was meine ich damit? Stapler sind im Grunde heute schon elektrifiziert. Die „Dekarbonisierung“ des Stahls ist zumindest als Zielbild existent (grüner Stahl, recycelter Stahl). Energieeffizienzen sind immer ein Thema (s. oben). SW-Tools fokussieren sich ebenfalls auf die Steigerung von Effizienzen (Obacht: bei gleichzeitig steigendem Energiebedarf aufgrund von AI, Daten und ganz allgemein Algorithmik). Die intralogistische Welt wird digitaler und automatisierter. Das ist zwar noch eine lange Reise, aber die Themen sind platziert. 

Verpackung hingegen bedeutet aber Müll. Leider (noch) viel zu oft und eigentlich – wenn man ehrlich ist – seit zu langer Zeit. Bei steigendem intralogistischen Volumen bedeutet das in Summe dann noch mehr Müll, wenn sich Praktiken, Materialien und gesellschaftliche Prozesse nicht fundamental ändern. Kreisläufe müssen also her. Die PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation) ist im Verpackungsmikrokosmos omnipräsent. Das konnte man als Besucher der LogiMAT auch wahrnehmen.

Die gesamte Halle ist voll von biologisch abbaubaren oder recyclebaren Verpackungsmaterialien. Viele Unternehmen und die Menschen dahinter machen sich Gedanken, wie Verpackungsmüll vermieden werden kann bei der gleichzeitigen Ambition das Qualitätslevel der Verpackung zu halten (oder zu verbessern) und dabei – natürlich – die Kosten gering zu halten.

Zusätzlich wurden Packaging-on-Demand Maschinen ausgestellt, die ein Paket um das Volumen der zu versendenden Artikel on demand, sprich in Echtzeit, produziert, um somit das maximal beste Verhältnis von Packstückgröße und Artikelvolumina zu gewährleisten. Ziel: Luft raus aus den Versandverpackungen. Nichts ist schlimmer als Luft durch die Gegend zu transportieren. Das gilt sowohl für leere Lkws, wie auch für weitestgehend leere Packstücke. Beeindruckendes Engineering. 

Auch Behälter für die innerbetriebliche Lagerung (bspw. für Shuttle-, cASRS-, Kleinteil-Systeme) und den Transport (z.B. über Fördertechnik oder mithilfe von AGVs/AMRs) waren ein großes Thema. Jeder intralogistische Automatisierer hat diese Behälter an seinem Stand in Verbindung mit Automatisierungstechnologie ausgestellt. Zudem haben die MHE-Anbieter2 (fast) alle strategische Partnerschaften mit Behälter-Herstellern. So ein großes Warehouse hat da schon mal 50.000 / 100.000 / 200.000 Behälter. Daran allein sieht man schon die Größenordnung. Und das ist und war auch schon immer die Spielwiese von Mehrweglösungen. So gesehen sind die Kunststoff-Innovationen in diesem Bereich nichts Neues. Sie werden aber immer besser, und vor allem immer transparenter hinsichtlich der Kennzahlen (Product Carbon Footprint, etc.).

Eine besondere Stellung in diesem Bereich nimmt das Thema Holz ein. Eine bekannte, aber noch nicht überall etablierte Mehrweglösung. Paletten aus Holz: Tick in the box. (Transport-) Behälter aus Holz: Könnte mehr sein. Überhaupt: Der Werkstoff „Holz“ fristet noch ein Nischendasein in der Logistik. Es gibt aber positive Beispiele an positiv-verrückten Holz-Nerds (Sorry! Ich meine das nur in absolut positivster und respektvollster Weise), die sich sogar im Atrium der LogiMAT auf eine Bühne stellen, um darüber zu sinnieren, ob die „Logistik auf dem Holzweg“ ist:

Quelle: eigenes Foto

Beste Panel-Diskussion auf der LogiMAT! Punkt. Und zu Holz später nochmal mehr.

Apropos „Holz“. Von Holz ist es gar nicht mehr so weit zum Faktor „Mensch".

Der Mensch

Es ist schon paradox. Zwei Dinge waren auf der LogiMAT auszumachen, die eigentlich widersprüchlich sind; zumindest auf dem ersten Blick. Einerseits waren überall Roboter-Lösungen auszumachen. Robotik als solches, welches schon seit Jahren durch die Intralogistik geistert, scheint nicht nur als Normalzustand etabliert zu sein, sondern vielmehr spiegelt die Anzahl an Exponaten und Angeboten (alles in Verbindung mit KI) den aktuellen akuten Bedarf wider aufgrund des demographischen Wandels und anderen Faktoren. Andererseits war parallel dazu eine Fokussierung auf den Menschen im intralogistischen Kontext wahrnehmbar. Stichwort: Ergonomie. Ebenfalls ein Buzzword, welches seit Jahren (teilweise) sein Unwesen in der Intralogistik treibt.

Exoskelette, Arbeitsplatzergonomie, Hilfsmaschinen für schwere Lasten. Alles Themen, die schon immer ihren Raum auf der LogiMAT hatten. In diesem Jahr hat es aber noch mal angezogen. Es scheint fast so, dass die Wichtigkeit den Menschen im intralogistischen Habitus gesundheitlich proaktiv zu schützen, nun endlich vollumfänglich angekommen ist. Intralogistiker verbringen so viel Zeit auf Staplersitzen, Lasten hebend, auf Schreibtischstühlen, vor Computern und auf diverse Geräte blickend, dass die intralogistische Arbeit manchmal wie ein konzentrierter Angriff auf die Integrität der Wirbelsäule erscheint.

Aber ist das wirklich so? Kann man aus dem wachsenden Angebot zum Thema Ergonomie genau das ableiten? Oder ist es doch in vielerlei Hinsicht eher Etikette und wenn ja, warum?

Auch die Experten bestätigten neben diesem Eindruck auf der LogiMAT ein gesteigertes Interesse an Ergonomie abseits der Messe. Aus deren und meiner Sicht ebenfalls aufgrund des demographischen Wandels und den damit einhergehenden Arbeitskraft- und Fachkräftemangel. Denn als Arbeitgeber muss man in diesem Spannungsfeld einerseits den aktuellen Mitarbeitenden etwas bieten, dass sie das Unternehmen nicht verlassen wollen und den potenziell neuen Mitarbeitenden zeigen, wie wichtig dem Unternehmen die Menschen sind. Übertrieben und überspitzt gesagt ist Ergonomie am Arbeitsplatz die neue Obstschale. Zusätzlich wiegt der Ausfall von Mitarbeitenden doppelt schwer in diesen Zeiten. 

OK, ich gebe es zu: Das klingt schon arg zynisch. Und ich glaube auch nicht, dass das die Urmotivation ist. Aber die Wahrheit ist: Eine gesunde Lebenszeit passt nicht wirklich in das Geschäftsmodell unseres gegenwärtigen Gesundheitssystems. Krankenversicherungen zahlen in der Regel keine Prävention. Und das spiegelte sich auch in den Unternehmen wider, denn Prävention kostet zunächst. 

Die Ergonomie-Forschung ist sich seit Jahren eindeutig: Prävention am Arbeitsplatz vermindert das Risiko über die Zeit gesehen von gesundheitlichen Schädigungen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es oftmals auch an der Umsetzung beim Mitarbeitenden selbst liegt. Denn wir sind schon verrückte Geschöpfe. Obwohl wir es besser wüssten, weil wir es auch durch Schulungen lernen, praktizieren wir es nicht im Alltag. Und das schreibt übrigens gerade jemand, der nonchalant und stereotypisch unergonomisch auf seinem Schreibstuhl rumrutscht. 

Aber unabhängig von der Motivation, weswegen Ergonomie so ein wichtiges Thema geworden ist, bleibt trotzdem nüchtern und positiv festzuhalten: Unternehmen beschäftigen sich mehr und mehr damit. Und das ist doch erstmal ein guter Trend.

Der Nordstern

Man musste sie zwar suchen, aber es gab sie: die nachhaltigen Innovationen. Fokussieren möchte ich mich für das – subjektiv – beeindruckendste Beispiel: Der BULLig von Ligenium! [6] Das Holzrahmen-FTF aus Holz.

„Das alles kann Holz!“, so dass Feedback am Messestand seitens interessierter Besucher. Gemeinsam mit der Auteko GmbH & Co. KG hat Ligenium ein modulares fahrerloses Transportfahrzeug entwickelt. Sowohl für manuelle als aber eben auch für vollautomatisierte Transportprozesse nutzbar, sprich als AGV, und bestimmt auch als Shuttle. What? Mindblowing:

Quelle: Ligenium (eigenes Foto) – BULLig (oben) und Kommissionierwagen (unten)

Holz generell als Werkstoff ist CO₂-positiv und hat noch viele weitere positive Eigenschaften. Die Eigenschaften des Baustoffs Holz lesen sich wie ein Werbeprospekt aus der Natur. Denn Holz…

  • ist ein nachwachsender Rohstoff,
  • ist leichtgewichtig, dabei elastisch und auch robust,
  • lässt sich leicht und energieeffizient schneiden, formen, verbinden und bearbeiten,
  • ist ästhetisch und wirkt sich dabei positiv aufs Wohlbefinden der Menschen aus,
  • hat gute Dämmeigenschaften und ist angenehm für das Raumklima (Holz kann Feuchtigkeit annehmen und abgeben),
  • bindet Kohlenstoff (!!!),
  • lässt sich energieeffizient
  • ist biologisch abbaubar,
  • ist reparierbar und recyclebar und
  • zudem (mit Behandlung) langlebig.

Entscheidend ist natürlich, welche Baumarten verwendet werden und woher das Holz stammt. All das konnte man am Stand von Ligenium sowohl bewundern und sich fachmännisch beraten lassen. Zudem konnte der Besucher in der schon oben erwähnten Podiumsdiskussion den Experten, den Wood-Nerds, beim Fachphilosophieren zuhören.

Holz im Maschinenbau? Why not!

Wer mehr wissen will, kann gerne in Podcast Folge 44 von „Das Gleiche in Grün“ mit Christoph Alt von Ligenium reinhören:

Quelle: Das Gleiche in Grün?! [7]

Fazit

Die Greenwashing-Ära auf der LogiMAT ist vorbei. So viel kann man sagen. Und das ist auch gut so. Als wichtiges Thema, wie von den Veranstaltern angekündigt, ist Nachhaltigkeit aber nicht auszumachen gewesen. Es ist eher verstummt. 

Das bringt mich auch zu der Frage, was ich erwarten würde. Ich kann es auch nicht so richtig beantworten. Klar: Mehr Inhalte, Handlungsspielräume, Vorbilder und Gespräche und weniger Greenwashing. Letzteres war auf der LogiMAT nicht mehr der Fall. Aber wie verhindert man, dass Nachhaltigkeit nicht komplett von der Bildfläche verschwindet? Denn die nachhaltigen Initiativen sind wieder in den Hintergrund gerückt. Das Role Modelling von Unternehmen und Menschen muss man explizit suchen. Und das ist wiederum auch nicht gut. Denn es ist so verdammt wichtig, dass die guten Beispiele (und auch die Fehlschläge) ihren Raum bekommen, so dass sie zur Nachahmung inspirieren und zum Lernen aus Fehlschlägen beitragen. 

Zugegeben: Die LogiMAT ist und bleibt eine Verkaufsmesse. Vielleicht ist auch mein Anspruch einfach zu hoch und nicht erfüllbar. Zumindest so lange nicht, wie Ökologie und Ökonomie Hand in Hand gehen. Aber auch das hat die LogiMAT gezeigt. Eine Transformation in der Branche (wie auch in anderen Branchen) geht nur über den ökonomischen Weg.

 

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Hast du einen Fehler entdeckt? Dann schreibe mir gerne! Ich bin jederzeit dazu bereit einen Fehler zu korrigieren und darauf hinzuweisen, dass ich etwas korrigiert habe. Ich bin kein ausgebildeter Journalist. Meine Recherchen können nicht so professionell sein wie bei einem Artikel. Neben dem Schreiben eines Blogposts, arbeite ich 40 Stunden regulär bei meinem Arbeitgeber. Ich bitte dies zu berücksichtigen.

 

1 Achtung liebe Leser! Nachhaltigkeit ist ein Pfui-Buh-Wort geworden und gesellschaftlich, wie auch politisch auf dem Tiefpunkt, wenn ich mich mal dem Bild des Gartner Hype Cycles bemächtigen darf. Die Klimawissenschaft, die planetaren Grenzen und die Klimakrise hinter dem Wording sind aber nicht weg. Sie sind nicht abgewählt. Der öffentliche Diskurs dessen und daraus resultierend die Wichtigkeit werden wieder kommen. Das ist garantiert! Vielleicht in einem neuen Gewand. In neuer Kleidung sozusagen. Aber es wird wiederkommen. So wie es auch schon in der Vergangenheit wiedergekommen ist. Denn nochmal: Die Grundgesetze der Physik verschwinden nicht einfach so. Auch wenn andere Themen aktuell wichtiger erscheinen. 

2 Material Handling Equipment

Quellen

Autor*in

Timo Landener

Timo Landener arbeitet seit mehr als 20 Jahren im logistischen Bereich, hauptsächlich in der Intralogistik. Und seit er angefangen hat, ist viel passiert, und natürlich hat auch er sich weiterentwickelt. Anfangs interessierte er sich (fast) ausschließlich für die Digitalisierung und Automatisierung logistischer Prozesse. Über die Jahre hat er so ziemlich jede Rolle in dieser Hinsicht ausgefüllt. Von Beratung und Systemdesign über Projektmanagement bis hin zu Produktmanagement und Personalmanagement. Seit dem 01.09.2024 ist er bei der Körber als Innovation Manager (+Sustainability) tätig. Über die letzten Jahre hat er zunehmend eine Expertise im Bereich der Nachhaltigkeit und den daraus resultierenden Fragestellungen für die Logistik aufgebaut. Dieses thematisiert er zusammen mit Moritz Petersen als Host des Podcast „Das Gleiche in Grün“.


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